Neithard Bethke

Neithard Bethke

Neue Editionsreihe im Merseburger-Verlag

Musikarchiv des Ratzeburger Doms

Nach wie vor sind Kirchen und ihre Archive Fundstätten musikalischer Raritäten. Hierzu gehört auch eine Sammlung von musikalischen Handschriften im Ratzeburger Dom aus der Zeit zwischen 1750 und 1800, die der Musikwissenschaftler Professor Neithard Bethke in ihrem Wert erkannte und dem Merseburger Verlag nun für eine neue Editionsreihe anbot.

Der frühere Leiter der Lübecker Musikbibliothek, Dr. Georg Karstädt, hatte bereits eine grobe Bestandsaufnahme der Sammlung vorgenommen. Sie war unvollständig und zum Teil fehlerhaft, weil ihm nicht alle Quellen zugänglich waren. Neithard Bethke machte sich nach seiner Ernennung zum Domorganisten und Kapellmeister am Ratzeburger Dom an die langwierige Arbeit, diese Handschriften zu sichten, zu ordnen und systematisch zu katalogisieren. Die so wieder zu einer übersichtlichen Sammlung gewordene Bibliothek umfasst Manuskripte von Kirchenkantaten, deren Komponisten zu ihrer Zeit bekannt oder sogar berühmt waren. Dazu gehörten Johann Christoph Altnikol, Johann Adolph Hasse, Georg Philipp Telemann, Johann Trier, Gottfried Heinrich Stölzel, Christian Gotthilf Tag und Johann Christian Stössiger. Begeistert von diesem Fundus entschloss sich Bethke, die Kantaten dem Vergessen zu entreißen und sie nach und nach in der von ihm gegründeten Reihe der alljährlichen Ratzeburger Dommusiken aufzuführen.

Über die Entstehungsgeschichte der Sammlung lässt sich nur mutmaßen. Allerdings war es in der Zeit zwischen 1750 und 1850 nicht unüblich, dass Fürstenhäuser, Gemeinden großer Hauptkirchen, leistungsfähige Chöre und Kantoreien zu besonderen Anlässen bei den zeitgenössischen Komponisten eigens Werke bestellten. Bleistifteintragungen auf den Deckblättern der Kantaten, wie „aufgeführet am Pfingstsonntag 1801“ oder „Triinitas 1802“, verdeutlichen, dass die Kantaten zum überwiegenden Teil für den gottesdienstlichen Rahmen bestimmt waren. Die vielen Unika von Kantaten, zu denen bislang nirgendwo weitere Abschriften oder Vorlagen auffindbar sind, weisen darauf hin, dass sie bei ihrem Komponisten ganz direkt zu einem bestimmten Tag für die Kirchenmusik am Ratzeburger Dom bestellt wurden. Ein bereits in dieser Zeit übliches Finanzierungsmodell für Editionen war die Subskription. Die Subskribenten erhielten vom Komponisten ein Exemplar von jedem neuen Werk.

Der Ratzeburger Dom hatte in den Jahren zwischen 1750 und 1810 zwei aktive und fähige Kantoren, die auch als Musiklehrer an der Domschule angestellt waren. Der Chor der Domschule war gleichzeitig der Domchor. Auch ein Orchester wurde aus dem Kreis Schüler gestellt. Offensichtlich stand ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung, wie sich aus der oft anspruchsvollen Besetzung der Kantaten für Flöten, Oboen, Fagotte, Hörner, Trompeten, Pauken, Orgel und Streicher schließen lässt. Damals wie heute wurden die gottesdienstlichen Aufführungen mit eigenen Kräften realisiert. Folglich hat es in den angegebenen ca. 50 Jahren eine niveauvolle und vielfältige Dommusik in Ratzeburg gegeben, die in ihrer ganz außerordentlichen Qualität ohne Beispiel in der Region gewesen ist.

Diese im besten Sinne Gebrauchsmusiken bieten eine lebendige und fruchtbare Bereicherung des bisherigen Repertoires gerade der Kirchenmusik aus der Zeit zwischen Barock und Romantik. Sie eignen sich insbesondere für Laienchöre, da sie leicht zu singen sind. Ihre Frische und musikalische Aussagekraft können von Hörerenden wie Ausführenden gleichermaßen unmittelbar verstanden werden. „Darum „Singet dem Herrn erneut ein Lied mit alten Tönen“, denn diese haben, obwohl lange im Dom vergraben, verstaubt und vergessen, nichts von ihrer zupackenden Unmittelbarkeit und Ausdruckskraft verloren.“ (Bethke)          

Angelika Horstmann

 

Heft 1:

Johann Trier (1716–1790)

Götter Gott, erhabnes Wesen (33‘)

Dank-Kantate für S, T, Chor (SATB), 2 Trp, 2 Fl, 2 Ob, Pauken und Streicher

Reihe: Musikarchiv des Ratzeburger Doms - Band 1, Neithard Bethke (Hg.)

Partitur: EM 996 Part. · ISMN: 979-0-2007-3284-9 · 45,00 €

Klavierauszug: EM 996 Klav. · ISMN: 979-0-2007-3363-1 · 19,50 €

Chorpartitur: EM 996 Chorp. · ISMN: 979-0-2007-3285-6 · 3,50* €

Die Dank-Kantate „Götter Gott, erhabenes Wesen“ von Johann Trier, welcher als Schüler Bachs gilt und Organist an der Johanniskirche Zittau war, eröffnet die Editionsreihe Musikarchiv des Ratzeburger Doms. Die Kantaten dieser Sammlung bieten eine lebendige und fruchtbare Bereicherung des bisherigen Repertoires gerade der Kirchenmusik aus der Zeit zwischen Barock und Romantik. Die aparte Instrumentierung, ein strahlender Eingangschor und kunstvoll verzierte Solopartien verschmelzen zu einem großartigen Klangerlebnis. Das Werk kann auch von Laienchören und- orchestern gut bewältigt werden.

Heft 2 (In Vorbereitung)

Christian Gotthilf Tag (1735-1811)
Kündlich groß ist das gottselige Geheimnis
Kantate zum Weihnachtsfest
für Soli (SATB), 4st gem Chor, 2 Ob, 2 Trp in D, Pk, Vl 1+2, Va, Vc,
Fondamento (Fag,Continuo)(Orgel/Cembalo)
Reihe: Musikarchiv des Ratzeburger Doms - Band 2, Neithard Bethke (Hg.)
Partitur: EM 997 · ISMN 979-0-2007-3287-0
Aufführungsmaterial in Vorbereitung

 

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